Moderne Technologien vereinfachen die Arbeit in vielfältigen Bereichen. Auch kleine und mittelständische Unternehmen haben zunehmend Bedarfe an Optimierungsprozessen und der Implementierung neuer Technologien in den Unternehmensalltag. Ein wichtiger Partner, wenn es um das Finden passender Lösungen im Bereich der Datenvisualisierung geht, ist das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Rostock.
„Wir unterstützen Unternehmen dabei, innovativer zu werden und Entwicklungen aus der Forschung für die Wirtschaft nutzbar zu machen“, sagt der Standortleiter des Fraunhofer IGD in Rostock, Prof. Dr.-Ing. Uwe Freiherr von Lukas. „Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen ohne eigene Forschungsabteilung steht unser kompetentes Team als Partner bereit.“ Der Fokus des Instituts liegt auf Software-Lösungen im Visual Computing, also der bild- und modellbasierten Informatik. „Vereinfacht gesagt, geht es darum, aus Bildern Daten zu sammeln und Daten in Bildern zu veranschaulichen, wie beispielsweise bei Virtual oder Augmented Reality”, erklärt Prof. von Lukas. Damit können auch große Datenmengen nutzbar gemacht werden. Wichtige Schwerpunktbranchen sind dabei die maritime Wirtschaft, Gesundheit und Pflege sowie Bioökonomie und Infrastruktur. Hier fokussieren aktuelle Projekte insbesondere anwendungsorientierte Systemlösungen für den Sektor Landwirtschaft, etwa durch die sensorbasierte Identifikation von Pflanzenarten im Grünland, die bildbasierte Lahmheitserkennung bei Kühen oder die Visualisierung von Wuchsparametern per App.
Häufig ist es so, dass Unternehmen mit speziellen Fragestel-lungen oder Ideen für Produkte an das Fraunhofer-Institut herantreten. Ein erfolgreiches Beispiel ist die Zusammenarbeit mit der Firma ZF Airbag Germany GmbH. Deutlich mehr als 100.000 Airbag-Gasgeneratoren verlassen täglich das Werk in Laage bei Rostock und treten ihre weltweite Reise zu den Kunden an. Als sicherheitsrelevantes Bauteil unterliegen die Generatoren strengen Qualitätskontrollen. Die visuelle End-kontrolle im Werk bestand bislang aus dem Zusammenspiel konventioneller Bildverarbeitungsverfahren und der manuellen Kontrolle durch das Produktionspersonal. Abweichungen vom Soll-Zustand wie kleine Beschädigungen oder Fremdkörper, die die Funktion des Airbags beeinträchtigen, wurden vom System gemeldet und die Bilder daraufhin kontrolliert. Bei Bestätigung des Mangelverdachts suchten die Mitarbeiter das defekte Teil heraus und prüften es händisch. Bei mehr als zehn Fertigungs-linien, die alle vier Sekunden einen fertigen Generator produ-zieren, stellt dies einen enormen Aufwand und eine große Belastung an die Mitarbeitenden dar. Zeitverzögerungen im Ablauf und Nachkontrollen sind zeit- und kostenintensiv. Im Rahmen einer Auftragsforschung erstellte das Fraunhofer IGD zunächst eine Machbarkeitsstudie und präsentierte Möglich-keiten für die Umsetzung einer optimierten Endkontrolle. Schließlich entwickelte das Forscherteam die auf KI basierende Software AEOLIA für die optische Endkontrolle von Airbag-Generatoren, die bei der Qualitätssicherung Zeit und Kosten spart und Mitarbeiter entlastet. Zwei Jahre lang wurde die Software nach der erfolgreichen Pilotphase im Rostocker Werk validiert, um die hohen Anforderungen an die Performance sicherzustellen. Mittlerweile setzt die ZF Airbag Germany GmbH die Anwendung auch in seinen anderen Werken in Süd-deutschland, den USA und China ein.
Als ein weiteres praxisrelevantes Beispiel nennt Prof. von Lukas ein Projekt aus dem Bereich Maritime Wirtschaft, in den auch sein eigener Forschungs-bereich fällt. Seit Juli 2020 hat er die Professur für Maritime Graphics an der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik der Universität Rostock inne. Gefragt war ein System zur Auswertung von Unterwasseraufnahmen, um das Monitoring von Fischbeständen in Gewässern zu vereinfachen. Hierfür wurden bisher Videoaufnahmen durch Biologen manuell ausgewertet, was mitunter einen Zeitaufwand von mehreren Stunden oder sogar Tagen bedeutete. „Wir haben eine Software zur Automatisierung dieses Prozesses entwickelt, so dass durch Personal nur noch punktuell nachjustiert werden muss“, erläutert Prof. von Lukas. „Dadurch können wesentlich mehr Daten in kürzerer Zeit ausgewertet werden. Die KI wird in dieser Hinsicht immer besser und hilft dabei, die Effizienz solcher Arbeitsprozesse zu steigern.“
Das Fraunhofer IGD unterhält am Standort Rostock gute Forschungsbedingungen und Speziallabore. Eines davon ist das Digital Ocean Lab, ein Unter-wassertestfeld für die Meerestechnik in der Ostsee, das 2021 seinen Betrieb aufnahm. Es befindet sich vor der Küste Nienhagens und ist konzeptionell eng in die Strukturen des Ocean Technology Campus am Rostocker Fischereihafen eingebettet. „Das Digital Ocean Lab bietet erstmals eine reale Umgebung in der Ostsee, um neueste meerestechnische Lösungen zu erproben, welche die Nutzung der Meere in Zukunft so effizient und gleichzeitig ökologisch verträglich wie irgend möglich gestalten sollen“, so Prof. von Lukas. Hier finden Unterwassertestreihen verschiedener Art statt. So unterzieht z. B. das Rostocker Start-up Framework Robotics GmbH seine 3D-gedruckten Rahmenbauteile für Unterwassersensorik in dieser Realumgebung wichtigen Tests.
Aber auch das Institut selbst geht mit eigenen Entwicklungen auf Unternehmen zu, um Praxiskooperationen zu schließen und Verbundprojekte zu realisieren. Eines davon ist das vom Land Mecklenburg-Vorpommern aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung geförderte Verbundprojekt „Visual Computing-as-a-Service“ zur Entwicklung einer cloudbasierten Engineering-Plattform für die maritime Branche. Projektpartner dabei war das Schweriner Softwareunternehmen S.K.M. Informatik GmbH. Das Konzept basiert auf der am Fraunhofer IGD entwickelten Technologie für Visual Computing-as-a-Service und knüpft an die bei SKM vorhandenen Kompetenzen und Software-Bausteine an. Bei der Entwicklung spielten konkrete Anwendungsfälle und aktuelle Anforderungen aus dem Schiffbau eine zentrale Rolle. Ein wichtiger Service, der daraus abgeleitet wurde, war die Punktwolken-Analyse. Hintergrund ist, dass im Bereich des Schiff- und Anlagenbaus, aber auch in der Architektur, die Planung bislang durch CAD-Modelle stattfindet. Die Erfassung des Ist-Zustandes erfolgt häufig mittels Laserscan. Die hieraus gewonnen Daten lassen sich nur durch hohen Auf-wand in weiterverwendbare CAD-Daten konvertieren. Die Darstellung bzw. Ableitung von Punktwolken aus den gewonnenen Daten soll den Vergleich des Ist-Zustandes mit den Planungsdaten erleichtern. Die vom Fraunhofer-Team entwickelte Infrastruktur und Services wurden dem Projektpartner SKM Informatik GmbH per API (Application Programming Interface) zur Verfügung gestellt, so dass dieser in der Lage war, auf Basis der Fraunhofer-Technologie eigene, an ihre Nutzer zugeschnittene Anwendungen zu erstellen.
Gute Vernetzung ist für die zahlreichen Kontakte und Projektideen unerlässlich. Die Bedeutung von technologieorientierten Netzwerken für Technolo-gietransfer und Regionalentwicklung ist ein wichtiges Interessensfeld von Prof. Dr. Ing. Uwe Freiherr von Lukas. In zahlreichen Gremien ist er präsent und setzt sich aktiv für den Informationsaustausch ein, etwa als Mitglied im Maritimen Zukunftsbeirat für Mecklenburg-Vorpommern, der im Juni 2023 gegründet wurde. Kernthemen des Beirates sind unter anderem die erweiterten Aufgaben der MV-Häfen als Logistikzentren, zur Sicherung der Energieversorgung und Standorte industrieller Wertschöpfung sowie die Perspektiven und strategische Ausrichtungen im maritimen Sektor in den Bereichen Wasserstoff und E-Fuels. Auch die wirtschaftsnahe Forschung und Entwicklung in der maritimen Industrie als innovativer Treiber sowie die Offshore-Windenergie sind wichtige Themenbereiche des Beirats, dem 20 Experten aus der maritimen Branche angehören.
Ein wichtiges Anliegen ist Prof. von Lukas die Etablierung einer Kooperationskultur von Unternehmen untereinander. Insbesondere die Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen im Bereich Innovationen könne vieles bewegen und kleine und mittlere Unternehmen verschiedener Branchen in Mecklenburg-Vorpommern voranbringen.
Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Rostock
Fraunhoferstraße 5
64283 Darmstadt
Tel.: 06151 155-0
E-Mail: info@igd.fraunhofer.de
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