Die Möbelmanufaktur Goertz in Wismar verbindet erfolgreich Dienstleistung und Handel unter einem Dach. In der modern ausgestatteten Werkstatt entstehen maßangefertigte Holzmöbel und Dekoartikel. Im angrenzenden Laden sowie im Onlineshop werden die Produkte verkauft.
Für die gelungene Geschäftsentwicklung wurde das Unternehmen kürzlich beim Wettbewerb „Erfolgsraum Altstadt“ ausgezeichnet. Unter dem Motto „Vielfalt gemeinsam gestalten!“ suchten die Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern nach den kreativsten und innovativsten Ladenkonzepten. In der Kategorie „Die gelungenste Geschäftsentwicklung – in der Reifephase“ wurde die Möbelmanufaktur Goertz Regionalsieger in ihrem Kammerbezirk Westmecklenburg und anschließend auch Landessieger. Kristina Goertz ist noch immer ganz überwältigt von dieser Anerkennung und Wertschätzung, die damit dem Unternehmenskonzept zuteil wurde. „Ohne den jeweils anderen, gäbe es das alles hier nicht“, betont Geschäftsführer Torsten Goertz. Denn Ehefrau Kristina ist von Anfang an seiner Seite. Die studierte Architektin hat den Firmensitz am Wismarer Holzhafen entworfen, der durch seine große Glasfront entlang der Straße auffällt. Diese bietet großzügige Ausstellungsfläche für die eigenen Produkte. Vom Ausstellungsraum aus können Besucher durch Fenster direkt in die Werkstatt schauen und die Fertigung der Möbel beobachten. „Eine Schaumanufaktur war schon immer unser Wunsch, aus Sicherheitsgründen vor allem wegen der Maschinen war das aber sehr kompliziert“, so Kristina Goertz. „Der Blick von außen hinein ist ein guter Kompromiss.“ Zudem führt Torsten Goertz immer donnerstags durch seinen Betrieb. Jedem, der sich interessiert, möchte er Einblick in sein Unternehmen geben und zeigen, dass die Herstellung von Möbeln aufwändig ist und Zeit braucht. Auch Schulklassen nutzen dieses Angebot regelmäßig. Es geht dabei auch um Wertschätzung seines Handwerks.
Schon immer hat Torsten Goertz gerne mit Holz gearbeitet. Nach der Schule absolvierte er eine Lehre als Möbeltischler. Später allerdings war er hauptsächlich als Bautischler eingesetzt, hat Fenster und Türen erneuert. Viel Zeit für Kreativität blieb da nicht. Schließlich wagte Torsten Goertz einen Neuanfang, holte das Fachabitur nach und studierte Betriebswirtschaftslehre. Nach Stationen als Controller bei einer Krankenkasse und im Krankenhaus entschied er sich, wieder das zu tun, was dem gelernten Möbeltischler in den Jahren zuvor gefehlt hatte: Kreativsein mit Holz. So entstand vor knapp 15 Jahren die Idee, Holzmöbel zu entwerfen und produzieren zu lassen, um sie schließlich im eigenen Onlineshop zu verkaufen. „Diesen Markt hatten wir aber total unterschätzt“, resümiert Kristina Goertz. „Das fing schon damit an, dass ich keine passenden Partner für die Produktion gefunden habe“, ergänzt ihr Mann. „Also habe ich die Möbel schließlich selber gebaut.“ Nach und nach musste er sich die nötigen Maschinen anschaffen. Damals produzierte Torsten Goertz auf etwa 100 Quadratmetern außerhalb der Stadt. Vom Büro im Technologie- und Gewerbezentrum aus führte er mit Unterstützung seiner Frau Kristina das Unternehmen. Schon damals, 2013, wurde er beim OZ-Gründerpreis mit dem Sonderpreis „Interessante Gründerstory“ ausgezeichnet. Die von der Rostocker Künstlerin Elvira Martens gefertigte Trophäe aus Glas steht noch heute im Fenster der Werkstatt, die Urkunde hängt an der Wand. Ohnehin findet man hier einige Abbildungen von früher. Die Unternehmensentwicklung ist auch immer wieder Thema bei den Betriebsführungen.
„Irgendwann hatten wir die Kapazitätsgrenze erreicht“, erinnert sich Torsten Goertz. „Um den Kunden beste Qualität zu bieten, mussten wir die Produktion professionalisieren und die Werkstatt wachsen.“ So bewarb sich das Unternehmerpaar im Jahr 2012 für den Kauf des Grundstückes am Holzhafen. Mit ihrem Konzept überzeugten sie. Im Sommer 2013 kam die Zusage. Anderthalb Jahre später begann der Bau.
Auf 700 Quadratmeter Grundfläche und zwei Etagen verteilen sich nun die drei Arbeitsbereiche Dienstleistung, Produktion und Handel. Die Werkstatt ist viermal größer als die vorherige, der Laden bietet auf 100 Quadratmetern hellen Verkaufsraum und Ausstellungsfläche. Dahinter befinden sich die Büros. Insgesamt 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das Unternehmen. Darunter auch Innenarchitektinnen, die komplette Planungen im Kundenauftrag erstellen. „Wir produzieren Möbel nur noch nach Maß“, sagt Torsten Goertz. Die Wartezeiten von mehreren Monaten nehmen die Kunden in Kauf. Vor allem Privatkunden nutzen das Angebot, aber auch Hotels und öffentliche Einrichtungen gehören zum Kundenkreis. Gerade werden Möbel für eine neue Herberge in der Wismarer Innenstadt hergestellt.
Vier Tischlergesellen, zwei davon Frauen, sind in der Werkstatt beschäftigt. Regelmäßig bildet Torsten Goertz Tischlernachwuchs aus, Praktikanten kommen ebenfalls gerne. Der Beruf des Tischlers sei noch vergleichsweise beliebt. 10 bis 15 Bewerbungen erhält das Unternehmen pro Jahr. „Die, die kommen, sind engagiert und haben Lust auf den Beruf“, sagt Kristina Goertz. Während ihr Mann vor allem für den Produktionsbereich und die Personalführung verantwortlich ist, kümmert sie sich um das Angebot im Laden. Anfangs waren hier ausschließlich die selbstgebauten Möbel ausgestellt, mittlerweile ist das Sortiment breit gefächert und enthält neben selbstgefertigten Dekoartikeln auch Produkte von anderen Herstellern, vorzugsweise aus Holz, und zu mindestens 80 Prozent „Made in Germany“. „Das ist für uns sehr wichtig“, sagt Kristina Goertz. „Leider verlegen viele Hersteller mittlerweile ihre Produktion ins Ausland, weil es wirtschaftlich rentabler ist“, so Torsten Goertz. Er hält diese Entwicklung für falsch und zu kurz gedacht. Gerade in Krisenzeiten zeigten sich immer wieder die Tücken solcher Auslagerungen. „Es entstehen Abhängigkeiten, die im Nachhinein nur noch schwer zu beeinflussen sind.“
Auch als Zeichen für die Region produziert er seine Produkte weiterhin vor Ort in Wismar. Wenngleich der Vertrieb der Produkte zukünftig europaweit ausgedehnt werden soll. Dafür wurde der Onlineshop jüngst komplett überarbeitet und neu aufgesetzt. Kunden können hier die Holzprodukte der Möbelmanufaktur Goertz individualisieren und mit persönlichen Gravuren versehen lassen. Die Bestellungen werden direkt am Wismarer Firmensitz hergestellt. Servierbretter, Anker, Herzen und andere Dekoartikel sind besonders nachgefragt. Die Ideen dazu entstehen meistens im Team. Jeden Freitag um 9 Uhr trifft sich die Crew zum gemeinsamen Frühstück. Neben dem Dienstplan für die kommende Woche wird auch immer Persönliches ausgetauscht. „Mir ist es wichtig, den direkten Draht zu meinem Team zu behalten“, erzählt Torsten Goertz. Dabei achtet er auch auf Stimmungen und Zwischentöne, um schnell reagieren oder nachfragen zu können. „Mir liegen meine Mitarbeiter sehr am Herzen.“ Auch ein Grund, warum er den Betrieb während der Corona-Pandemie nicht komplett hat ruhen lassen, sondern in der Werkstatt weiterhin produzieren ließ.
Nur selten ist er selbst noch handwerklich tätig. Sein Fokus hat sich auf die Mitarbeiter- und Unternehmensführung verschoben. Damit fühlt er sich gut. „Es macht mir großen Spaß.“ Zusammen mit Ehefrau Kristina bleibt er immer in Bewegung, entwickelt neue Idee, die dann auch im Team besprochen werden. Manches klappt, manches wird nicht umgesetzt oder funktioniert nicht. „Das ist aber nicht schlimm, daraus lernen wir. Das ist wie bei Kindern: Wenn der Spielturm umfällt, wird er eben wieder neu aufgebaut.“ Ganz aktuell plant das Unternehmen einen zusätzlichen Laden in der Wismarer Innenstadt. „Es soll eine Art offenes Atelier für unsere Innenarchitektinnen werden, in dem auch einige unserer gravierten Holzaccessoires präsentiert werden.“ Die Nähe zum Kunden ist eines der Erfolgsgeheimnisse der Goertz Möbelmanufaktur. Jedes Jahr denkt sich das Team eine kreative Idee zu Weihnachten aus, zuletzt ein Mini-Schwibbogen aus Holz zum Selbstzusammenbauen. Der kam so gut an, dass daraus auch weitere Ideen für besondere Weihnachts- und Osterkarten entwickelt wurden. Langfristige konkrete Pläne sind nicht unbedingt Torsten Goertz` Ding. „Vieles ergibt sich, kommt auf uns zu. Und wir machen dann etwas daraus.“